Liebe Freunde und Freundinnen des gepflegten Kinobesuchs,
was kann es Schöneres geben in der kalten Jahreszeit, als sich in einem wohntemperierten Kinosaal wegzaubern zu lassen in andere Gefilde, in denen es vielleicht wärmer ist oder vielleicht
noch viel kälter oder die Geschichte so entrüstend, berührend, spannend oder lustig ist, dass man an Temperaturen gar nicht mehr denkt? Wir im Kamino haben da im Dezember einiges für Sie/Euch vorbereitet: ein Programm, das (fast) alle Wünsche erfüllt.
Wir beginnen mit einem Film, der international gefeiert, in Deutschland aber für erbitterte Diskussionen sorgte: No other land, die Vertreibung der Palästinenser aus dem Westjordanland, bester Dokumentarfilm bei der Berlinale. Des Teufels Bad, eine düstere Geschichte nach historischen Prozessakten von 1750, eingereicht von Österreich für den Oscar ’25 in der Sparte bester ausländischer Film, ist nichts für schwache Nerven …genau wie Riefenstahl, läuft im Dezember noch einmal. Rocky Road to Berlin ist eine Roadmovie-Komödie über den legendären ukrainischen Musiker Kuzma Skryjabin – leider auch nur einmal im Programm. Das Stuttgarter Ballett tanzt im Kamino dafür noch einige Male in diesem Monat, im Spielfilm über einen der größten Choreografen des 20. Jahrhunderts John Cranko.
Viel Musik und Tanz und doch ein Krimi: der französische Kinohit Emilia Perez. Ein Mafiaboss will keine Drogen mehr verticken, sondern eine Frau werden. Unglaublich spannend und berührend zugleich! The Outrun, ein Filmdrama auf den wilden Orkney-Inseln. Die alkoholsüchtige Rona mit den roten und blauen Haaren (Saoirse Ronan) kehrt nach Hause zurück. Kindheitserinnerungen verhelfen zur Heilung.
Weisheit des Glücks ist eine inspirierende Begegnung mit dem Dalai Lama. Der Schweizer Dokumentarfilm entstand in Zusammenarbeit u.a. mit Richard Gere.
Weniger ruhig und in sich ruhend sind die Figuren in Die geschützten Männer , einer Komödie nach dem Roman von Robert Merle. Eine Epidemie breitet sich aus, deren Opfer ausschließlich männlich sind. Die Frauen beherrschen die Welt, und den übriggebliebenen Männern geht es an den Kragen – ein postfeministisches Knallbonbon.
In Konklave stirbt der Papst, und aus allen Ecken der Welt eilen die Kardinäle in das Zentrum der Macht, den Vatikan: ein Thriller nach dem Bestseller von Robert Harris, verfilmt von Edward Berger (Im Westen nichts Neues) mit Ralph Fiennes und Isabella Rossellini.
Ein Dokumentarfilm der besonderen Güteklasse gibt uns den Glauben an die Magie des Kinos wieder: Die Rückkehr des Filmvorführers spielt in den aserbeidschan-iranischen Bergen und erzählt wie ein Spielfilm über einen Filmbegeisteten, der sich auf die Suche nach einer Glühbirne für seinen Projektor macht. In einer Sonntagsmatinee geht es noch einmal hinein in die Alpen:
Bergfahrt ist ein Dokumentarfilm, der die Faszination der Alpen aus verschiedensten Perspektiven im Blick hat.
Wunderbar französisch: die Komödie Es liegt an dir, Chéri. Nach über zwanzig gemeinsamen Jahren hat Sandrine – die Kinder sind aus dem Haus – genug von Christophe. Der versucht alles,
sie zurück zu gewinnen: Beste Unterhaltung!
Viel ernsthafter und natürlich großartig wie immer: Anthony Hopkins in Freud – Jenseits des Glaubens. Sein Gegenspieler im Geiste ist der Schriftsteller und Literaturprofessor C.S.Lewis, dargestellt von Matthew Goode. Als Anna Freud brilliert Liv Lisa Fries.
Große Stoffe und große Filme Tag für Tag, aber der kürzeste Tag des Jahres, der21. 12., ist in ganz Deutschland zum Kurzfilmtag ernannt. Am Abend gibt es Kurzes und Knackiges eine ganze Vorstellung lang.
Zum Ausklang des Monats, zwischen den Jahren, zwei absolute Highlights der internationalen Filmlandschaft: Der umjubelte Eröffnungsfilm der Französischen Filmtage Tübingen, En Fanfare, liegt jetzt in synchronisierter Fassung vor: Die leisen und die großen Töne. Berührend und unterhaltend, gefühlvoll und witzig, großes Kino über zwei Brüder, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Saat des heiligen Feigenbaums ist das Werk des in Deutschland lebenden iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof, Gewinner des Goldenen Bären und Deutschlands Anwärter auf den Oscar für den besten ausländischen Film 2025: eine hochaktuelle politische Geschichte einer Familie im Iran vor dem Hintergrund der Jina-Proteste. Absolut sehenswert!
Zuviel versprochen? Mehr ging auf den cineastischen Gabentisch nicht drauf.
Wir wünschen eine schöne Vorweihnachtszeit, ein friedliches Fest, und ein gutes neues Jahr,
Euer Kamino-Team